Fibromyalgie – Ursachen, Symptome und Behandlung

yippy
von yippy
6 min
17.09.2023 13:35:35

Betroffene klagen über Schmerzen an verschiedenen Körperregionen und über Zusatzsymptome wie Schlaf- und Konzentrationsstörungen. Die chronische Schmerzerkrankung Fibromyalgie ist weit verbreitet – sie betrifft unter hundert Menschen etwa zwei Personen, wobei die Diagnose bei Frauen deutlich häufiger gestellt wird.

Was ist Fibromyalgie?

Fibromyalgie, auch als Fibromyalgiesyndrom (FMS) bezeichnet, ist eine chronische, nicht heilbare Erkrankung. Der Begriff „Fibromyalgiesyndrom“ steht für „Faser-Muskel-Schmerz“ und deutet auf die Hauptbeschwerden der Erkrankung hin. Betroffene leiden insbesondere unter Schmerzen in den Muskeln und im Bindegewebe. Auffällig ist, dass Patienten mit einem Druckschmerz auf die Berührung bestimmter Schmerzpunkte, auch Tender Points genannt, reagieren. Zudem können sich eine Reihe weiterer physischer und psychischer Symptome äußern. Mediziner konzentrieren sich heute weitestgehend auf den Begriff Fibromyalgiesyndrom, da die Krankheit von verschiedenen Symptomen gekennzeichnet ist und mehrere Ursachen vermutet werden.

"Laut der internationalen Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation wird das Fibromyalgiesyndrom als „sonstige Erkrankung des Weichteilgewebes“ eingestuft und demnach von Medizinern mit dem ICD Code M79.7 verschlüsselt."

Wissenswertes zum Thema Fibromyalgie

  • Fibromyalgie gehört zur Krankheitsgruppe: Chronische Schmerzsyndrome
  • Die ersten Symptome werden in der Regel um das 30. Lebensjahr bemerkt
  • Ein Krankheitsbeginn, über das 60. Lebensjahr hinaus, ist ungewöhnlich
  • Etwa 500.000 diagnostizierte Fälle (überwiegend Frauen)
  • Die Erkrankung besitzt eine hohe Dunkelziffer (geschätzt 4 Millionen)
  • Fibromyalgie ist therapierbar aber nicht heilbar
  • Die Lebenserwartung verändert sich durch die Erkrankung nicht
  • Wichtig für Patienten: Stressabbau und körperliche Aktivität
  • Fibromyalgie: Bewegung gegen den Schmerz

Ist das Fibromyalgie-Syndrom das gleiche wie Weichteilrheuma?

Häufig wird das Fibromyalgiesyndrom mit der Diagnose Weichteilrheuma gleichgesetzt. Experten betonen jedoch, dass Fibromyalgie kein Rheuma ist. Die chronische Schmerzerkrankung sollte nicht mit Weichteilrheuma verwechselt werden, da sich dadurch das Potenzial für Fehldiagnosen und falsche Behandlungsansätze steigert. Auch deshalb ist es wichtig, dass die Diagnose durch einen fachkundigen und erfahrenen Arzt erfolgt.

Fibromyalgie-Schub: Symptome

Fibromyalgie-Experten erläutern, dass das Beschwerdebild der Fibromyalgie sich besonders komplex darstellt. Im Vordergrund stehen ausgeprägte Schmerzen und Muskelverspannungen am gesamten Körper, die in der Intensität variieren können. Besonders äußert es sich häufig durch Rückenschmerzen sowie Schmerzen in den Armen und gelenknahen Bereichen. Patienten geben häufig an, dass bei ihnen jeden Morgen Schmerzen wie Muskelkater auftreten. Die Schmerzen werden als „brennend“, „dumpf“ oder „bohrend“ beschrieben. Klassisch ist, dass die Muskulatur, sowie die Muskel- und Sehnenansätze mit erhöhter Druckschmerzhaftigkeit reagieren. Zudem können sich verschiedene Begleitsymptome bemerkbar machen wie Magen-Darm-Störungen, Kälteempfindlichkeit oder vermehrtes Schwitzen, Wassereinlagerungen oder Atemprobleme. Diese Symptome werden auch als vegetative Beschwerden bezeichnet, da sie das autonome Nervensystem bzw. die Funktionsfähigkeit beeinflussen.

Fibromyalgie-Symptome auf einen Blick

Fibromyalgie wird mit bis zu 150 unterschiedlichen Beschwerden in Zusammenhang gebracht, z.B.

  • Innere Unruhe
  • Angstzustände
  • Zittern
  • Kopfschmerzen
  • Magen-Darm-Probleme
  • Gereizte Stimmung
  • Konzentrationsprobleme
  • Depressive Verstimmungen
  • Durchschlafstörungen
  • Müdigkeit und Erschöpfung
  • Niedergeschlagenheit und Motivationslosigkeit
  • Sensibilität gegenüber Gerüchen, Licht und Lärm
  • „Fibro Fog“, der sich durch Sprach- und Konzentrationsstörungen sowie Vergesslichkeit äußert
  • Schmerzen in Muskeln, Sehnen oder gelenknahen Bereichen

Muskelschmerzen am ganzen Körper sind nicht das einzige Problem

Häufig wird unterschätzt, wie weitreichend sich die Erkrankung auf das seelische Befinden von Patienten auswirken kann. In der Regel stellen die teils ausgeprägten Beschwerden wie Ängstlichkeit, Stimmungsschwankungen und depressiven Verstimmungen nicht die Ursache, sondern vielmehr die Folge des Fibromyalgiesyndroms dar. Für Patienten ist es besonders wichtig, dass sie sich diesen Umstand verdeutlichen, um ihre Erkrankung besser zu verstehen. Dabei sollte individuell geprüft werden, ob eine begleitende Therapie sinnvoll ist, um die Auswirkungen auf die Psyche abzumildern und um neue Bewältigungsstrategien zu entwerfen.

Die Diagnose ist eine Herausforderung

Viele Patienten haben eine wahre Odyssee hinter sich, bis sie die Diagnose Fibromyalgie erhalten. Einige Patienten geben an, dass sie lediglich „Glück“ gehabt haben und auf einen Arzt getroffen sind, der sich mit der Erkrankung auskennt. Menschen mit Fibromyalgie haben mit vielen Vorurteilen zu kämpfen und werden häufig als Hypochonder bezeichnet, die sich ihre Beschwerden bloß einbilden. Dieser Vorwurf kann dazu führen, dass sich die psychischen Beschwerden der Betroffenen verstärken. Zudem kommt es dadurch häufig zu einer verzögerten Diagnose und damit auch zu einer späten Therapieeinleitung. Warum viele Mediziner die Erkrankung nicht erkennen, liegt an dem komplexen Beschwerdebild.

Die Kriterien des Amerikanischen Kollegiums für Rheumatologie (ACR), die sich mit dem „chronic widespread pain“ beschäftigen, haben dazu geführt, dass erstmals Klassifikationskriterien für chronische muskuloskelettale Schmerzen zur Verfügung stehen.

„chronic widespread pain“ wird definiert

  • Der Schmerz besteht mindestens seit 3 Monaten
  • Die Beschwerden zeigen sich in der rechten und linken Körperhälfte und oberhalb sowie unterhalb der Taille
  • Der Schmerz tritt an mehreren (über 3) Körperregionen auf
  • Das Achsenskelett muss betroffen sein, sprich die Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule sowie der vordere Thorax

Um die Diagnose Fibromyalgiesyndrom zu stellen, konzentriert sich der Mediziner auf die bisherige Krankengeschichte des Patienten und auf eine körperliche Untersuchung. Wenn mindestens 11 von 18 Tenderpoints schmerzhaft auf Druck reagieren, kann die Diagnose Fibromyalgie gestellt werden. Der Arzt kann zudem Laboruntersuchungen durchführen, um andere Erkrankungen auszuschließen.

Wer diagnostiziert Fibromyalgie?

Wie bereits erwähnt, müssen viele Patienten lange warten, bis sie eine Erklärung für ihre Beschwerden in Form einer Fibromyalgie Diagnose erhalten. Aufgrund der vielfältigen Symptome, die bei der chronischen Schmerzerkrankung auftreten können, sind Patienten häufig mit verschiedenen medizinischen Fachrichtungen in Kontakt getreten. Dazu gehören beispielsweise: Innere Medizin, Orthopädie, Rheumatologie, Gynäkologie, Allgemeinmedizin, Hals-Nasen-Ohren- und Augenheilkunde sowie Neurologie und Psychiatrie.

Fibromyalgie wird nicht durch eine bestimmte Fachrichtung behandelt, vielmehr gilt es einen fachkundigen Arzt zu finden, der sich auf das Krankheitsbild spezialisiert hat. Das können Rheumatologen, Orthopäden, Internisten und Allgemeinmediziner sein. Bei der Auswahl helfen Empfehlungen von Bekannten, die wissenschaftliche Reputation und folgende Fragen:

  • Nimmt der Arzt mich und mein Krankheitsbild ernst?
  • Zeigt er verschiedene und individuell angepasste Therapieansätze auf?
  • Zieht der Mediziner auch Kollegen aus anderen Fachrichtungen hinzu?
  • Gibt der Mediziner Erklärungen sowie Anregungen?
  • Welche Behandlungsmöglichkeiten bestehen in der Praxis (bspw. Akupunktur)?
  • Erhalte ich kurzfristig einen Termin, wenn ich unter starken Schmerzen leide?

Letztendlich bestimmt neben der Fachkundigkeit des Arztes auch die Chemie zwischen Mediziner und Patient den Erfolg einer Fibromyalgie-Therapie

Fibromyalgie: Ursachen nicht vollständig geklärt

Das Fibromyalgiesyndrom gibt Medizinern auch heute noch Rätsel auf. Die Ursachen sind noch immer nicht vollständig geklärt. Der derzeitige Wissenstand geht allerdings davon aus, dass ein bio-psycho-sozialer Ansatz zugrunde liegt, bei dem eine Störung der Schmerzwahrnehmung hinzukommt. Sowohl psychische als auch physische Stressoren sollen bei der Krankheitsentstehung eine Rolle spielen. Zudem wird diskutiert, ob eine genetische Veranlagung zu einer Fibromyalgie-Erkrankung führt. Dieser Verdacht liegt nahe, da nicht selten eine familiäre Häufung nachgewiesen werden kann. Womöglich könnten auch Störungen im Serotonin-Stoffwechsel oder eine Entzündung im Gehirn als Ursache in Betracht kommen. Nicht zuletzt könnten auch Schmerzen in Muskeln und Sehnen Verspannungen auslösen, die weitere Verspannungen begünstigen. Der daraus entstehende Teufelskreis ist für Patienten häufig nur schwer zu durchbrechen und kann in ein chronisches Schmerzbild übergehen.

Behandlung: Was hilft wirklich

Patienten mit einem Fibromyalgiesyndrom profitieren am meisten von einem ganzheitlichen Ansatz, bei dem physikalische Therapien, Krankengymnastik, Arzneimittel, psychotherapeutische Begleitung und Entspannung angewendet werden. Auch alternativmedizinische Behandlungen wie Akupunktur können Betroffenen helfen. Fibromyalgie sollte stets individuell mit Blick auf die Patientenbedürfnisse behandelt werden, um die Beschwerden zu lindern und die Lebensqualität zu steigern.

Fibromyalgie-Syndrom wird ganzheitlich behandelt

Zu Beginn der Behandlung stehen Patientenschulungen häufig im Mittelpunkt. Im Rahmen von Gruppensitzungen können sich die Betroffenen über das Krankheitsbild informieren, wobei Ärzte und Therapeuten einen Überblick über den Verlauf und die verschiedenen Therapieformen geben. Patientenschulungen werden vonseiten niedergelassener Ärzte, Psychologen, Rehaeinrichtungen, psychosomatischer Kliniken und Selbsthilfeverbände angeboten. Im zweiten Schritt sollte ein individuelles Therapieprogramm zusammengestellt werden, wobei verschiedene Fachrichtungen dazu beitragen, die Krankheit und den Schmerz zu bewältigen. Besonders bewährt haben sich hierbei Elemente aus der Bewegungstherapie, Physikalische Therapie und Entspannungsmaßnahmen. Auch Medikamente und Psychotherapien können den Krankheitsverlauf günstig beeinflussen. Auch alternative Behandlungsansätze, wie eine Umstellung der Ernährung, Akupunktur und Homöopathie, erfreuen sich einer immer größeren Beliebtheit bei Betroffenen.

Aus Sicht von Medizinern werden folgende Anwendungen positiv bewertet:

  • Medizinische Trainings-Therapie
  • Wärme- und Kältebehandlungen
  • Lymphdrainagen
  • Sportliche Aktivitäten wie Schwimmen und Spaziergänge

Fibromyalgie Therapie: Welche Medikamente kommen zum Einsatz?

Vorweg: Es gibt in Deutschland keine Medikamente, die speziell zur Behandlung von Fibromyalgie zugelassen sind. In den USA wurde ein Antikonvulsivum (Medikament zur Behandlung von Krampfanfällen) mit dem Namen Pregabalin bei Fibromyalgie zugelassen. Die derzeitige Therapie in Deutschland beschränkt sich auf bestimmte Antidepressiva und Serotoninwiederaufnahmehemmer sowie Mittel gegen Schmerzen und Schlafstörungen. Kortison oder andere Rheumamittel werden bei Fibromyalgie nicht verschrieben. Viele Patienten greifen jedoch regelmäßig auf Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Paracetamol zurück, um die Beschwerden zu lindern.

Alternative Therpien mit Cannabidiol (CBD)

Fibromyalgie-Patienten wird mittlerweile immer häufiger CBD empfohlen. Das liegt vor allem daran, dass dem Extrakt aus der Hanfpflanze eine entspannende Wirkung nachgesagt wird. So soll es mit CBD bei Fibromyalgie in erster Linie möglich sein, psychische Prozesse zu stabilisieren. Auch auf andere Begleiterscheinungen könnte sich CBD bei Schmerzen positiv auswirken. Fibromyalgie-Patienten haben häufig mit Durchschlafstörungen und Magen-Darm-Problemen zu kämpfen. Auch hier soll das CBD Öl Abhilfe schaffen, indem es den Verdauungstrakt und das Nervensystem beruhigt. Cannabidiol bei Fibromyalgie scheint für viele Erkrankte deshalb so interessant zu sein, da es im Gegensatz zu rezeptpflichtigen Medikamenten kaum Nebenwirkungen besitzt.

Was zahlt die Krankenkasse?

Die sogenannte multimodale Therapie, also eine Kombination aus abgestimmten Therapieverfahren, hat sich besonders bewährt. Diesen Behandlungsansatz verfolgen Schmerzkliniken, Rehaeinrichtungen mit Schwerpunkt Psychosomatik und gesonderte psychosomatische Kliniken. Die Einrichtungen konzentrieren sich in der Regel auf chronische Schmerzzustände und sind deshalb sehr hilfreich bei Fibromyalgie. Zunächst kann jeder niedergelassene Arzt Funktionstraining verordnen. Dabei finden bewegungstherapeutische Übungen in Gruppen statt. Die speziellen Übungen sollen dazu beitragen, die Gelenke beweglich und die Muskeln kräftig zu halten, umso Schmerzen zu lindern. Reicht eine ambulante Krankenbehandlung nicht mehr aus, kann sich die Krankenkasse bereit erklären, ambulante Rehabilitationsleistungen zu übernehmen. Auch eine stationäre Aufnahme in einer speziellen Einrichtung ist möglich. Eine Kur bei Fibromyalgie ist in der Regel auf eine Dauer von 3 Wochen begrenzt.