Milliarden sparen mit Physiotherapie: Studie fordert Direktzugang und mehr Prävention

Eine neue Studie der opta data Zukunfts-Stiftung und des Instituts für Zukunftspsychologie und Zukunftsmanagement an der Sigmund Freud PrivatUniversität Wien zeigt, dass das deutsche Gesundheitssystem durch frühzeitige und präventive Physiotherapie jährlich Milliarden einsparen könnte. Die „PhysioStudie 2025-2035“ befragte über 1.900 Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten und beleuchtet die Potenziale sowie die strukturellen Hürden der Branche.

KKZ-Überblick

  • Frühzeitige Physiotherapie könnte jedes Jahr über 1,5 Milliarden Euro an Operationskosten einsparen.
  • 63 Prozent der Physiotherapeuten fordern einen Direktzugang ohne ärztliche Verordnung.
  • Prävention, Digitalisierung und KI bieten zusätzliche Einspar- und Versorgungspotenziale.

Frühzeitige Physiotherapie: Enormes Einsparpotenzial

Laut Studie berichten 65 Prozent der befragten Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten, dass durch frühzeitige physiotherapeutische Intervention viele Operationen – etwa Knie- oder Hüftgelenkersatz – und damit enorme Kosten hätten vermieden werden können. Würden beispielsweise nur 20 Prozent der vier häufigsten orthopädischen Eingriffe durch gezielte Physiotherapie verhindert, ergäbe sich laut Berechnungen auf Basis von Zahlen des Statistischen Bundesamtes eine jährliche Einsparung von rund 1,52 Milliarden Euro. In dieser Summe sind Folgekosten durch Arbeitsunfähigkeit, Krankengeld oder Medikamente noch nicht enthalten.

Strukturelle Hürden: Fehlender Direktzugang

Ein zentrales Hindernis für eine effizientere Nutzung der Physiotherapie ist das Fehlen des Direktzugangs. In Deutschland ist eine physiotherapeutische Behandlung ohne ärztliche Verordnung nicht möglich, sofern die Krankenkasse die Kosten übernehmen soll. In anderen Ländern ist der Direktzugang längst etabliert. 63 Prozent der befragten Physiotherapeuten wünschen sich, Patientinnen und Patienten direkt behandeln zu dürfen. Ein solcher Zugang würde laut Studie Wartezeiten verkürzen, Ärzte entlasten und das Gesundheitssystem insgesamt effizienter machen.

Die Befragung zeigt außerdem, dass 85 Prozent der Physiotherapeuten sich zutrauen, eine korrekte Erstdiagnose zu stellen. Gleichzeitig erleben 73 Prozent, dass ärztliche Diagnosen oft „ungenau“ oder „falsch“ sind.

Prävention und neue Technologien als Zukunftschance

Die Studie betont zudem das Potenzial der Physiotherapie in der Prävention. Physiotherapeutinnen und -therapeuten könnten verstärkt als Gesundheitscoaches agieren, um Beschwerden frühzeitig zu verhindern. 76 Prozent der Befragten halten die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung für zu gering. Neue Technologien wie Künstliche Intelligenz und Robotik könnten helfen, physiotherapeutische Maßnahmen gezielter und effektiver einzusetzen und so langfristig Gesundheitskosten weiter zu senken.

Studienleiter Prof. Dr. Thomas Druyen fordert einen Paradigmenwechsel: Deutschland müsse weg von einer „krankheitszentrierten Flickschusterei“ hin zu einem integrierten, präventiven und KI-gestützten Gesundheitsmodell. Physiotherapie könne dabei ein zentraler Eckpfeiler sein.

Die „PhysioStudie 2025-2035“ macht deutlich: Frühzeitige, direkt zugängliche und präventiv ausgerichtete Physiotherapie kann das Gesundheitssystem entlasten, Kosten senken und die Versorgung spürbar verbessern. Voraussetzung dafür sind strukturelle Reformen, mehr Präventionsangebote und der gezielte Einsatz neuer Technologien.

Die vollständige „PhysioStudie 2025-2035“ ist auf der Website der opta data Zukunfts-Stiftung kostenlos abrufbar: www.zukunftsstiftung.optadata.de/forschung/studien/physiostudie-2025-2035/