Rapsöl: Heimisches Multitalent mit optimaler Fettsäure-Balance

Rapsöl hat sich binnen weniger Jahrzehnte von einem ungenießbaren Industrieprodukt zu Deutschlands beliebtestem Speiseöl entwickelt.

Das goldgelbe Öl aus heimischem Anbau überzeugt durch eine nahezu ideale Fettsäurezusammensetzung und vielseitige Verwendungsmöglichkeiten. Der Erfolg beruht auf einer züchterischen Revolution der 1970er Jahre, die aus einer giftigen Pflanze ein ernährungsphysiologisch wertvolles Lebensmittel machte.

ZENTRALE Überblick

  • 10 Prozent Omega-3-Fettsäuren machen Rapsöl zu einer der besten pflanzlichen Quellen für diese essentiellen Fettsäuren
  • Das optimale Verhältnis von Omega-6 zu Omega-3 liegt bei 2:1 und ist damit besser als bei allen anderen Speiseölen
  • Zwei Esslöffel täglich decken bereits den kompletten Omega-3-Bedarf eines Erwachsenen

Züchterische Erfolgsgeschichte

Die moderne Geschichte des Rapsöls beginnt mit einem wissenschaftlichen Durchbruch. Bis in die 1970er Jahre war Raps als Speiseöl ungeeignet, da er bis zu 30 Prozent der gesundheitsschädlichen Erucasäure enthielt. Diese langkettige Fettsäure verursachte in Tierversuchen schwere Organschäden, Herzprobleme und Wachstumsverzögerungen.

Kanadische Wissenschaftler entwickelten 1974 die erste Rapszüchtung ohne Erucasäure, die später als Canola-Raps bekannt wurde. In Deutschland führten die grundlegenden Forschungsarbeiten von Werner Thies in Göttingen zur Entwicklung des 00-Raps (Doppelnull-Raps) in den 1980er Jahren. Diese Bezeichnung steht für null Prozent Erucasäure und null Prozent Glucosinolate, bittere Pflanzenstoffe, die das Öl ungenießbar machten.

Heute liegt der Erucasäure-Gehalt in handelsüblichem Rapsöl unter 0,1 Prozent und ist damit gesundheitlich völlig unbedenklich. Die Europäische Union hat Höchstgrenzen von 20 Gramm pro Kilogramm für Pflanzenöle festgelegt, moderne Rapsöle unterschreiten diese Werte deutlich.

Nährstoffprofil und Fettsäurezusammensetzung

Rapsöl gilt als das ernährungsphysiologisch wertvollste aller Speiseöle. Mit nur 7 Prozent gesättigten Fettsäuren weist es den niedrigsten Anteil unter allen gängigen Pflanzenölen auf. Die Zusammensetzung umfasst 62 Prozent einfach ungesättigte Fettsäuren (hauptsächlich Ölsäure) und 29 Prozent mehrfach ungesättigte Fettsäuren.

Besonders hervorzuheben ist das Verhältnis der essentiellen Fettsäuren: 18 Gramm Omega-6-Fettsäuren (Linolsäure) stehen 9 Gramm Omega-3-Fettsäuren (Alpha-Linolensäure) gegenüber. Dieses 2:1-Verhältnis gilt als optimal für die menschliche Gesundheit. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt ein Verhältnis von maximal 5:1, das ideale liegt jedoch bei 2:1.

Zum Vergleich: Sonnenblumenöl weist ein ungünstiges Verhältnis von 120:1 auf, Olivenöl enthält nur 1 Prozent Omega-3-Fettsäuren. Rapsöl liefert damit zehnmal mehr Omega-3-Fettsäuren als Olivenöl.

Mit 17,5 Milligramm Vitamin E pro 100 Gramm deckt bereits ein Esslöffel Rapsöl etwa 20 Prozent des täglichen Vitamin-E-Bedarfs. Zusätzlich enthält es 71 Mikrogramm Vitamin K pro 100 Gramm sowie verschiedene Carotinoide und Phytosterole.

Gesundheitliche Wirkungen

Die Alpha-Linolensäure in Rapsöl ist eine essentielle Omega-3-Fettsäure, die der Körper nicht selbst herstellen kann. Sie wirkt positiv auf den Blutfluss, kann Entzündungen hemmen und unterstützt die normale Entwicklung von Gehirn- und Nervenzellen. Besonders im Säuglings- und Kleinkindalter ist sie wichtig für die Gehirnentwicklung.

Das Forschungsdepartment Kinderernährung empfiehlt Rapsöl speziell für die Baby-Ernährung aufgrund seines hohen Gehalts an Alpha-Linolensäure. Die ersten beiden Lebensjahre sind entscheidend für das Gehirnwachstum, weshalb eine ausreichende Omega-3-Versorgung besonders wichtig ist.

Studien belegen positive Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System. Die ungesättigten Fettsäuren senken das LDL-Cholesterin ("schlechtes" Cholesterin) und können das Risiko für Herzerkrankungen reduzieren. Der hohe Anteil an Ölsäure wirkt sich besonders günstig auf den Cholesterinspiegel aus.

Eine kritische Studie aus 2017 deutete auf mögliche negative Auswirkungen auf die Gedächtnisleistung hin. In Tierversuchen mit Mäusen sank die kognitive Leistung unter einer Rapsöl-Diät. Diese Ergebnisse sind jedoch nicht auf den Menschen übertragbar und werden von der wissenschaftlichen Gemeinschaft kontrovers diskutiert.

Anbau und Nachhaltigkeit

Deutschland ist der größte Rapsproduzent Europas mit etwa 1 Million Hektar Anbaufläche. Zum Vergleich: Sonnenblumen wachsen nur auf 86.000 Hektar. Deutschland kann seinen Rapsöl-Bedarf zu etwa 50 Prozent selbst decken, Tendenz steigend.

Der Rapsanbau ist besonders nachhaltig, da die Pflanze nur alle drei bis vier Jahre auf derselben Fläche angebaut werden kann. Diese Fruchtfolge ist zwingend notwendig, da Raps sonst dem Schädlingsbefall nicht standhält. Der Wechsel zwischen verschiedenen Kulturpflanzen fördert die Bodenfruchtbarkeit und reduziert den Bedarf an Pestiziden und Herbiziden.

Die Rapsverarbeitung ist nahezu abfallfrei: 40 Prozent werden zu Öl, 60 Prozent zu proteinreichem Schrot für die Tierfütterung. Das Öl findet nicht nur in der Ernährung Verwendung, sondern auch in der Kosmetikindustrie und als Biodiesel. Heute ist die Umesterung zu Biodiesel sogar der Hauptverwendungszweck für Rapsöl in Deutschland.

Die kurzen Transportwege innerhalb Deutschlands und Europas verbessern die Ökobilanz erheblich im Vergleich zu tropischen Ölen wie Kokos- oder Palmöl.

Herstellung und Qualitätsunterschiede

Rapsöl wird in zwei Hauptvarianten hergestellt: kaltgepresst (nativ) und raffiniert. Kaltgepresstes Rapsöl wird bei Temperaturen unter 60 Grad Celsius mechanisch gepresst. Dabei bleiben alle Vitamine, Carotinoide und Fettbegleitstoffe erhalten. Es hat eine hellgelbe Farbe und einen charakteristischen nussigen Geschmack.

Raffiniertes Rapsöl wird zunächst heiß gepresst und anschließend mit Lösungsmitteln extrahiert. In mehreren Reinigungsschritten werden Farb-, Geschmacks- und Begleitstoffe entfernt. Das Ergebnis ist ein farbloses, geschmacksneutrales Öl mit höherer Hitzestabilität.

Aus ernährungsphysiologischer Sicht ist kaltgepresstes Rapsöl vorzuziehen, da die enthaltenen Antioxidantien die Oxidation der ungesättigten Fettsäuren hemmen und damit die Bildung gesundheitsschädlicher Fettabbauprodukte verhindern.

Spezielle Züchtungen wie HO-Raps (High-Oleic) haben einen erhöhten Ölsäure-Anteil und sind dadurch hitzebeständiger. HOLLi-Raps (High-Oleic, Low-Linolenic) kombiniert hohe Ölsäure- mit niedrigen Linolensäure-Werten für spezielle Anwendungen.

Verwendung in der Küche

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt Rapsöl als Basisöl in der Küche aufgrund seiner günstigen Fettsäurezusammensetzung. Es eignet sich sowohl für die kalte als auch die warme Küche, wobei die Verwendung vom Typ abhängt.

Kaltgepresstes Rapsöl ist ideal für Salate, Dressings und zum Verfeinern gegarter Speisen. Der nussige Geschmack passt zu Gemüsegerichten, Kartoffeln und selbstgemachtem Pesto. Zum Braten ist es bedingt geeignet, da der Rauchpunkt zwischen 130 und 190 Grad Celsius liegt.

Raffiniertes Rapsöl mit seinem neutralen Geschmack und hohen Rauchpunkt von über 200 Grad Celsius eignet sich hervorragend zum Braten, Backen und Frittieren. Es beeinflusst den Eigengeschmack der Speisen nicht und ist daher vielseitig einsetzbar.

Die Stiftung Warentest bestätigte 2018 allen getesteten Rapsölen eine gute Hitzestabilität. Beide Varianten können grundsätzlich bis etwa 175 Grad Celsius erhitzt werden, was der üblichen Brattemperatur entspricht. Wichtig ist, dass das Öl nicht zu rauchen beginnt.

Lagerung und Haltbarkeit

Rapsöl sollte kühl, dunkel und luftdicht gelagert werden, um Oxidation zu verhindern. Kaltgepresstes Rapsöl ist empfindlicher als raffiniertes und sollte nach dem Öffnen innerhalb von drei Monaten verbraucht werden. In der verschlossenen Flasche hält es sich etwa zwölf Monate.

Raffiniertes Rapsöl ist aufgrund der geringeren Menge an oxidationsempfindlichen Begleitstoffen länger haltbar und kann auch bei Zimmertemperatur gelagert werden.

Marktposition und Verbraucherverhalten

Rapsöl ist mit 76,1 Litern pro Jahr (Stand 2018) das beliebteste Speiseöl der Deutschen, noch vor Sonnenblumen- und Olivenöl. Diese Präferenz spiegelt sowohl den Preisvorteil heimischer Produktion als auch das gestiegene Gesundheitsbewusstsein wider.

Die Preise für hochwertiges Bio-Rapsöl liegen zwischen 3 und 8 Euro pro Liter und sind damit deutlich günstiger als importierte Spezialöle. Die große Preisspanne erklärt sich durch unterschiedliche Qualitäten und Herstellungsverfahren.

Qualitätsbewusste Verbraucher sollten auf Bio-Zertifizierung und die Herkunftsangabe achten. Deutsches Rapsöl ist nicht nur ökologisch vorteilhaft, sondern auch in puncto Frische überlegen, da die Transportwege kurz sind.

Wissenschaftliche Bewertung

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung stuft Rapsöl als besonders wertvoll ein und empfiehlt es als Standardöl für die tägliche Ernährung. Das Bundeszentrum für Ernährung hebt insbesondere das günstige Omega-3-zu-Omega-6-Verhältnis hervor.

Die Stiftung Warentest bezeichnete Rapsöl 2021 als "geradezu ideal zusammengesetzt" und bestätigte seine Eignung als Allzwecköl. Auch internationale Ernährungsorganisationen bewerten Rapsöl durchweg positiv.

Kritische Stimmen beziehen sich hauptsächlich auf mögliche Auswirkungen der Alpha-Linolensäure bei sehr hoher Aufnahme. Diese theoretischen Bedenken werden jedoch von der überwiegenden Mehrheit der Wissenschaftler als unbegründet eingestuft, da die empfohlenen Verzehrmengen weit unter problematischen Schwellenwerten liegen.

Verwendest du bereits Rapsöl als dein Superfood und Basis-Speiseöl? Teile deine Erfahrungen mit der ZENTRALE Community und diskutiere mit uns über die Vorzüge heimischer Öle gegenüber exotischen Alternativen.