Spielsucht in Deutschland 2025

Spielsucht entwickelt sich in Deutschland zu einem wachsenden gesellschaftlichen Problem. Aktuelle Studien zeigen alarmierende Zahlen: Millionen Menschen sind von problematischem Glücksspielverhalten betroffen. Der Glücksspielstaatsvertrag 2021 hat das Online-Glücksspiel legalisiert, bringt aber neue Herausforderungen für den Spielerschutz mit sich. Die Corona-Pandemie hat die Situation zusätzlich verschärft.

ZENTRALE Überblick

  • 2,4 Prozent der deutschen Bevölkerung (etwa 1,38 Millionen Menschen) leiden an einer Glücksspielstörung
  • 4,6 Millionen Erwachsene zeigen problematisches Spielverhalten oder sind von Spielsucht betroffen
  • Online-Glücksspiele erhöhen das Suchtrisiko erheblich: Jeder fünfte Online-Casino-Spieler zeigt problematisches Verhalten

Aktuelle Zahlen zur Spielsucht in Deutschland

Millionen Betroffene und neue Herausforderungen durch Online-Glücksspiel

Die neuesten Erhebungen des Glücksspiel-Surveys 2023 zeichnen ein besorgniserregendes Bild der Spielsucht-Situation in Deutschland. 2,4 Prozent der Bevölkerung im Alter von 18 bis 70 Jahren erfüllen die Kriterien für eine Glücksspielstörung nach den Diagnosestandards des DSM-5. Dies entspricht etwa 1,38 Millionen Menschen.

Die Störung gliedert sich in unterschiedliche Schweregrade: 1,0 Prozent der Befragten weisen eine leichte Störung auf, 0,7 Prozent eine mittlere und weitere 0,7 Prozent eine schwere Ausprägung. Diese Zahlen belegen einen deutlichen Anstieg gegenüber früheren Erhebungen.

Der Glücksspielatlas 2023 des Bundesdrogenbeauftragten geht sogar von noch höheren Zahlen aus: Demnach sind rund 4,6 Millionen Erwachsene in Deutschland spielsüchtig oder zeigen Anzeichen für eine Spielsucht. 1,3 Millionen Menschen leiden an einer manifesten Glücksspielstörung, während weitere 3,3 Millionen ein riskantes Glücksspielverhalten aufweisen.

Demografische Verteilung und Risikogruppen

Männer sind überproportional von Spielsucht betroffen. Das Verhältnis liegt bei etwa 1,5 bis 2:1 gegenüber Frauen. Besonders gefährdet ist die Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen mit einer Prävalenzrate von 7,1 Prozent.

In der ambulanten Suchthilfe zeigt sich diese Verteilung noch deutlicher: 89,1 Prozent der Betreuungszugänge aufgrund pathologischen Spielens sind Männer. Das Durchschnittsalter liegt bei 37 Jahren. Gut ein Viertel der Betreuten ist mit Summen von über 25.000 Euro verschuldet.

Zu den besonderen Risikogruppen gehören junge männliche Erwachsene bis 25 Jahre, Menschen mit Migrationshintergrund und Personen mit niedrigem Einkommen. Diese Gruppen sind häufiger von problematischem Glücksspielverhalten betroffen als der Bevölkerungsdurchschnitt.

Online-Glücksspiel als neues Risiko

Die Legalisierung des Online-Glücksspiels durch den Glücksspielstaatsvertrag 2021 hat neue Herausforderungen geschaffen. Online-Glücksspiele sind mit einem erhöhten Suchtrisiko verbunden, da sie rund um die Uhr verfügbar sind und von überall gespielt werden können.

Besonders alarmierend: Nahezu jeder fünfte Spielende von Online-Casinospielen zeigt problematisches oder abhängiges Spielverhalten. Bei Geldspielautomaten liegt der Anteil problematischer Spieler sogar bei 50,2 Prozent.

Das bargeldlose Bezahlen in Online-Casinos verstärkt die Problematik zusätzlich. Spieler verlieren das Gefühl für gesetzte Summen und haben weniger Kontrolle über ihr Spielverhalten. Die Anonymität des Online-Spiels ermöglicht es zudem, die Sucht vor Familie und Freunden zu verheimlichen.

Gefährlichste Glücksspielarten

Nicht alle Glücksspiele bergen das gleiche Suchtpotenzial. Geldspielautomaten in Spielhallen und Gaststätten stellen das höchste Risiko dar: Das Risiko für pathologisches Spielen ist 6,3-fach erhöht gegenüber anderen Glücksspielformen.

Poker folgt mit einem 5,0-fach erhöhten Risiko, gefolgt von Glücksspielautomaten in Spielbanken mit einem 4,1-fach erhöhten Risiko. Fast 80 Prozent aller pathologischen Spieler nutzen Automaten.

Unter den problematischen Spielern sind 74 Prozent an Geldspielautomaten aktiv, 33 Prozent setzen auf Sportereignisse und 32 Prozent spielen Live-Casinospiele. Diese Zahlen verdeutlichen, warum der Fokus der Prävention verstärkt auf diesen Bereichen liegen muss.

Auswirkungen der Corona-Pandemie

Die Corona-Pandemie hat die Situation dramatisch verschärft. Bei Kindern und Jugendlichen hat sich der Anteil der Computerspiel-Süchtigen von 2,8 Prozent auf 6,3 Prozent mehr als verdoppelt. Zusätzlich zeigen 11,8 Prozent riskantes Computerspiel-Verhalten.

Die Pandemie führte zu einer verstärkten Nutzung digitaler Medien und Online-Angebote. Viele Menschen suchten in der Isolation Ablenkung in Spielen, was problematisches Verhalten verstärkte oder erst entstehen ließ. Die Zahl der Menschen mit Pflegebedarf stieg in den Jahren 2022 und 2023 schneller als demografisch zu erwarten war.

Gesellschaftliche und wirtschaftliche Kosten

Spielsucht verursacht erhebliche gesellschaftliche Kosten. Die direkten sozialen Kosten durch pathologisches Glücksspiel belaufen sich auf 152 Millionen Euro jährlich. Dazu zählen Kosten für ambulante und stationäre Behandlung, Schuldnerberatung und Strafverfolgung.

Die indirekten Kosten sind weitaus höher: 8,2 Milliarden Euro betragen die gesellschaftlichen Kosten problematischen Glücksspiels jährlich. Die sozialen Kosten eines schwer spielsüchtigen Menschen (PGSI 8+) belaufen sich auf über 30.000 Euro pro Jahr.

Spielsucht führt zu finanziellen Belastungen, Spannungen im familiären Umfeld, gefährdet Existenzen und kann den Verlust von Arbeitsplätzen bedeuten. Schätzungsweise 570.000 bis 830.000 Kinder haben (ein) Eltern(teil) mit Glücksspielproblemen.

Glücksspielstaatsvertrag 2021 und neue Regulierung

Der Glücksspielstaatsvertrag 2021, der am 1. Juli 2021 in Kraft trat, stellt einen Paradigmenwechsel dar. Erstmals werden Online-Casinos, virtuelle Automatenspiele und Online-Poker unter restriktiven Bedingungen legalisiert.

Zentrale Schutzmaßnahmen umfassen ein monatliches Einzahlungslimit von 1.000 Euro, die Einrichtung von Safe-Servern zur Überwachung und die Erweiterung der zentralen Spielersperrdatei OASIS. Die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder (GGL) mit Sitz in Sachsen-Anhalt überwacht die Umsetzung.

Das LUGAS-System (Länderübergreifendes Glücksspielaufsichtssystem) verhindert paralleles Spiel bei verschiedenen Anbietern und überwacht Einzahlungslimits. Anbieter müssen Sozialkonzepte entwickeln und Systeme zur Spielsuchtfrüherkennung implementieren.

Hilfsangebote und Behandlungsmöglichkeiten

Deutschland verfügt über ein differenziertes Hilfssystem für Spielsüchtige. Die ambulante Suchthilfe erreicht jedoch nur etwa jede achte betroffene Person. Seit 2000 hat sich die Zahl der durchschnittlich betreuten Fälle mit Diagnose „Pathologisches Spielen“ verdoppelt.

Beratungsangebote sind vielfältig: Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung bietet eine kostenfreie Servicenummer (0800 1 37 27 00) für Betroffene, Angehörige und Interessierte. Deutschlandweit gibt es über 430 Suchtberatungsstellen.

Stationäre Behandlung erfolgt in spezialisierten Suchtkliniken. 71,4 Prozent der Betreuten zeigen bis zum Betreuungsende eine Verbesserung der Glücksspielprobleme. Allerdings enden 60 Prozent der erfolgreich Behandelten nach der Therapie wieder beim Glücksspiel.

Die Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern koordiniert als zentrale Schnittstelle alle beteiligten Organisationen. Ähnliche Strukturen existieren in anderen Bundesländern. Online-Hilfen wie die Homepage „Bundesweit gegen Glücksspielsucht“ (www.buwei.de) bieten umfassende Informationen.

Prävention und Früherkennung

Präventionsmaßnahmen konzentrieren sich auf Aufklärung und Früherkennung. Der jährliche Aktionstag Glücks-Spielsucht unter Schirmherrschaft des Bundesdrogenbeauftragten sensibilisiert die Öffentlichkeit.

Die Deutsche Automatenwirtschaft führt regelmäßig Präventionstage durch und hat eine Präventionsbeauftragte ernannt. Sozialkonzepte in Spielhallen und Online-Casinos sollen problematisches Verhalten frühzeitig erkennen.

Selbsttests zum Glücksspielverhalten stehen online zur Verfügung. Spielersperren können sowohl als Selbstsperre als auch als Fremdsperre verhängt werden. Die Mindestsperrdauer beträgt ein Jahr.

Aufklärungskampagnen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung informieren über Risiken. Besonders wichtig ist die Prävention bei Jugendlichen: Trotz gesetzlichen Verbots haben 17 Prozent der 14- bis 17-Jährigen bereits an Glücksspielen teilgenommen.

Internationale Vergleiche und Perspektiven

Im internationalen Vergleich liegt Deutschland mit 2,3 Prozent Betroffenen im mittleren Bereich. Lettland hat mit 6,0 Prozent das größte Glücksspielproblem weltweit, während Norwegen mit 0,2 Prozent die niedrigste Rate aufweist.

China ist das Land mit den meisten Glücksspielsüchtigen absolut: Fast 60 Millionen Chinesen sind betroffen. In den USA sind 1,2 bis 6,2 Prozent der Bevölkerung spielsüchtig, was bis zu 20 Millionen Menschen entspricht.

Die Europäische Union arbeitet an einheitlichen Standards für Online-Glücksspiel. Eine verstärkte Zusammenarbeit auf europäischer Ebene könnte helfen, die Regulierung effizienter zu gestalten und grenzüberschreitende Probleme zu lösen.

Zukunftige Herausforderungen

Die Digitalisierung schreitet voran und eröffnet neue Möglichkeiten für Glücksspiele. Virtual Reality und Künstliche Intelligenz könnten Spiele noch immersiver und potentiell süchtiger machen. Gleichzeitig bieten diese Technologien aber auch Chancen für bessere Früherkennung und Prävention.

Mobile Gaming und die Integration von Glücksspielelementen in normale Computerspiele (Loot Boxes) verwischen die Grenzen zwischen Spiel und Glücksspiel. Dies erfordert neue regulatorische Ansätze.

Die gesellschaftliche Akzeptanz von Glücksspiel steigt durch Werbung und Sponsoring im Sport. Gleichzeitig wächst das Bewusstsein für die Risiken. Die Balance zwischen liberaler Regulierung und effektivem Spielerschutz bleibt eine zentrale Herausforderung.

Forschung und Evaluierung des Glücksspielstaatsvertrags werden zeigen, ob die neuen Regelungen greifen. Ein Evaluationsbericht soll bis Ende 2026 vorgelegt werden. Die Entwicklung des Schwarzmarktes wird kontinuierlich beobachtet.

Die Gemeinsame Glücksspielbehörde muss ihre Überwachungskapazitäten ausbauen und technische Systeme weiterentwickeln. Der Kampf gegen illegale Anbieter erfordert neue Strategien wie IP-Blocking und Payment-Blocking.

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