Magersucht: Psychische Erkrankung mit der höchsten Sterblichkeitsrate
Magersucht (Anorexia nervosa) ist eine der schwerwiegendsten und gefährlichsten psychischen Erkrankungen, insbesondere bei Jugendlichen. Sie weist die höchste Sterblichkeitsrate unter den psychischen Krankheiten auf – etwa zehn Prozent der Betroffenen sterben an den Folgen der Unterernährung oder durch Suizid. Die Dunkelziffer nicht erkannter und nicht gemeldeter Fälle ist hoch, nimmt aber langsam ab, da die Stigmatisierung psychischer Erkrankungen zurückgeht.
KKZ-Überblick
- Magersucht betrifft vor allem Jugendliche, meist Mädchen, mit Erstmanifestation zwischen 15 und 19 Jahren.
- Die Erkrankung führt häufig zu lebensbedrohlichen Zuständen und erfordert frühzeitige, interdisziplinäre Behandlung.
- Ergotherapeut:innen spielen eine zentrale Rolle in der Therapie und beim Überbrücken von Wartezeiten auf Psychotherapie.
Ursachen, Symptome und Risikofaktoren
Magersucht ist mehr als der Wunsch, dünn zu sein. Hinter den sichtbaren Symptomen stecken tiefgreifende psychische Ursachen, oft ausgelöst durch gesellschaftliche Ideale, mangelnde Resilienz und äußeren Druck. Besonders in der Pubertät, einer Zeit der Selbstfindung und körperlichen Veränderungen, sind Jugendliche anfällig für ein gestörtes Körperbild. Ein Fünftel aller Jugendlichen empfindet sich laut Umfragen als zu dick, wobei insbesondere Mädchen durch die natürlichen Veränderungen ihres Körpers in der Pubertät verunsichert werden. Frühkindliche Essstörungen können das Risiko für die Entwicklung einer Magersucht im Jugendalter zusätzlich erhöhen.
Früherkennung und Beratung
Je früher eine Essstörung erkannt und behandelt wird, desto besser sind die Heilungschancen. Eltern sollten aufmerksam werden, wenn Kinder oder Jugendliche zu wenig essen, Gewicht verlieren oder auffälliges Essverhalten zeigen. Auch ein Ausbleiben der altersgerechten Gewichtszunahme kann ein Warnsignal sein. Ärzt:innen und Ergotherapeut:innen sind wichtige Anlaufstellen für eine erste Abklärung. Ergotherapeut:innen arbeiten kindgerecht und spielerisch, was die Motivation der Kinder und Jugendlichen für die Therapie deutlich steigert.
Rolle der Ergotherapie und Unterstützungsmöglichkeiten
Ergotherapeut:innen sind zunehmend Teil interdisziplinärer Teams in der Behandlung von Magersucht. Sie bauen zunächst eine Vertrauensbasis zu den Betroffenen auf, die oft verschlossen und misstrauisch sind. Ausdruckszentrierte Methoden wie kreatives Gestalten oder das Anfertigen von Körperumrissen helfen, Zugang zu den Gefühlen und zur verzerrten Selbstwahrnehmung der Erkrankten zu finden. Expositionsbasierte Techniken, etwa beim gemeinsamen Einkaufen oder Kochen, fördern die Auseinandersetzung mit Ängsten rund um Ernährung und Körperbild.
Ergotherapeut:innen überbrücken zudem die oft langen Wartezeiten auf einen Psychotherapieplatz und helfen, die Motivation und Krankheitseinsicht zu stärken. Angehörige und Eltern werden in die Therapie einbezogen, erhalten Aufklärung und lernen, wie sie unterstützend wirken können, ohne zusätzlichen Druck aufzubauen. Selbsthilfegruppen und spezialisierte Beratungsstellen bieten weitere Unterstützung.
Magersucht ist eine lebensbedrohliche Erkrankung, die früh erkannt und konsequent behandelt werden muss. Ergotherapeut:innen leisten dabei einen wichtigen Beitrag, indem sie Betroffene und ihre Familien begleiten, Motivation fördern und die Brücke zwischen Diagnose und weiterführender Therapie schlagen. Frühzeitige Intervention, Aufklärung und ein sensibles Umfeld sind entscheidend für eine erfolgreiche Behandlung und die nachhaltige Stärkung der Eltern-Kind-Beziehung.